Progressive Retinaatrophien (PRA) beim Hund stellen eine heterogene Gruppe genetisch bedingter Erkrankungen dar, bei der die Netzhaut langsam fortschreitend, bis zur völligen Blindheit,
abstirbt.
Die Netzhaut ist eine Schicht von spezialisiertem Nervengewebe an der hinteren Innenseite des Auges. Man unterscheidet in der Netzhaut zwei Photorezeptortypen: Stäbchen und Zapfen. Die Stäbchen
(rod) sind spezialisiert auf die Signalaufnahme im Dämmerlicht. Die Zapfen (cone) dagegen sind zuständig für die Verarbeitung des Tageslichts und für das Farbsehen. .Die degenerativen Prozesse
beginnen im Bereich der Photorezeptoren und dehnen sich im Verlauf der Erkrankung auf die gesamte Netzhaut aus. Meistens sind zuerst die Stäbchenzellen, dann die Zapfenzellen der Retina
betroffen. Dies führt zuerst zu Nachtblindheit und dem Verlust der Anpassung des Sehvermögens. Später folgt die völlige Erblindung.
Ausgelöst wird die Erkrankung durch mehrere Gendefekte, von den einige bereits bekannt sind. Einige Varianten können bei mehreren Rassen vorkommen, andere werden nur bei bestimmten Rassen
gefunden. Für einige Varianten stehen Gentests zur Verfügung. Krankheitszeichen treten oft erst später im Leben auf.
Man unterscheidet sich spät entwickelnde degenerative Veränderungen von sich bereits im Welpenalter klinisch manifestierenden dysplastischen Störungen. Abgesehen vom Lebensalter, in dem die
Erkrankung in Erscheinung tritt, sind die klinischen und ophthalmologischen Symptome ähnlich.
Typische Anzeichen einer PRA sind eine bilaterale Mydriasis, bilaterale tapetale Hyperreflexivität und retinale Gefäßverengung. Die genetische Untersuchung ergänzt die klinische Augenuntersuchung
mit dem Vorteil, dass PRA verursachende Varianten vor dem Zuchtalter und vor dem Auftreten klinischer Symptome erkannt werden können.
Hunde sind häufiger betroffen als Katzen.
Die Cone-rod Dystrophie ist eine Form der PRA, bei der es zuerst zu einer Zerstörung der Zapfenzellen der Retina kommt. Die ersten klinischen Symptome können bereits im Alter von 6 Monaten
auftreten, andere Hunde zeigen auch in höherem Alter keine sichtbaren klinischen Symptome. Der Gendefekt wird cord1-PRA genannt. Ob er wirklich in Zusammenhang mit der Cone-rod Dystrophie steht,
ist Gegenstand wissenschaftlicher Diskussion.
Bei diesen Hunderassen und ihren Mischlingen wurde die Erkrankung nachgewiesen. Siehe auch Genetik
Bei diesen Katzenrassen wurde die Erkrankung nachgewiesen:
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Die Ursache liegt meistens in einem autosomal-rezessiven vererbbaren Gendefekt. Durch die Anwendung von Gentests und darauf basierender Selektion können die Anlagen für die Erkrankung mit der
Zeit aus den Zuchtlinien entfernt werden.
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BAS-PRA1 (Basenji)
Die mittels Gentest nachweisbare Form der PRA beim Basenji beginnt mit etwa 5 Jahren. Nicht alle erkrankten Hunde tragen die bisher bekannte autosomal-rezessive Mutation, auch Bas_PRA1
genannt, so dass es eine oder mehrere weitere genetische Ursachen für die PRA geben muss.
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CNGA1_PRA (Shetland Sheepdog/Sheltie)
Die mittels Gentest nachweisbare Form der PRA beim Sheltie/Shetland Sheepdog können ab dem zweiten Lebensjahr, möglicherweise auch eher diagnostiziert werden. Es scheint noch mindestens eine
weitere Mutation zu existieren, die gegenstand laufender Forschung ist.
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CORD1-PRA (Beagle, Bolonka Zwetna, Clumber Spaniel, Curly Coated Retriever, Dackel, English Springer Spaniel, Kurzhaardackel, Langhaardackel)
Bei dieser „Cone-rod“ Dystrophie 1 genannten Variante kommt es zuerst zu einer Zerstörung der Zapfenzellen. Die ersten klinischen Symptome können im Alter von sechs Monaten auftreten.
Einige genetisch betroffenen Hunde zeigen aber auch in höherem Alter keine sichtbaren Symptome. Der Zusammenhang zwischen der bekannten genetischen Variante und dem Auftreten der Erkrankung
wird wissenschaftlich noch diskutiert.
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CRD-PRA (Rauhaardackel)
Der crd-PRA beim Rauhaardackel liegt eine Deletion im Nephronophthisis 4 Gen (NPHP4) zugrunde. Für die crd-PRA der frühzeitige Verlust der Zapfenzellen der Netzhaut charakteristisch.
Durch diese Zerstörung kommt es hauptsächlich zu einem Verlust des Farbsehens. Die Funktion der Stäbchen (Nachtsicht) bleibt größtenteils erhalten, sodass es bei vollständiger Ausprägung des
Krankheitsbildes zu einem Verlust des Tagesehens kommt. Die ersten klinischen Symptome der crd-PRA können im Alter von sechs Monaten auftreten. Nach ca. 1 bis 2 Jahren kommt es zur Ausprägung
des vollständigen Krankheitsbildes (Tagblindheit).
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CRD1-PRA (American Staffordshire Terrier)
Für die crd-PRA ist der frühzeitige Verlust der Zapfenzellen der Netzhaut charakteristisch. Durch diese Zerstörung kommt es hauptsächlich zu einem Verlust des Farbsehens (Tagblindheit). Die
Funktion der Stäbchen (Nachsicht) bleibt zunächst größtenteils erhalten. Die ersten klinischen Symptome der crd-PRA können im Alter von sechs Monaten auftreten. Nach ca. 1 bis 2 Jahren kommt
es zur Ausprägung des vollständigen Krankheitsbildes (Blindheit).
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Dominante Form der PRA (Bullmastiff, Mastiff)
Die PRA bei diesen beiden Rassen wird im Gegensatz zu den meisten anderen bekannten Formen der PRA autosomal-dominant vererbt. Somit gibt es keine Träger, die Hunde sind entweder frei oder
betroffen. Der Verlust der Sehfähigkeit erfolgt erst relativ spät und wird daher zunächst meist nicht bemerkt. Da die Erblindung erst erkannt wird, wenn der Hund mehrere Jahre alt ist, ist es
wichtig vor einem Zuchteinsatz des Hundes zu wissen, ob es sich bei diesem um einen Betroffenen handelt.
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G-PRA (Schapendoes)
Der Beginn der Erkrankung variiert innerhalb einer Rasse, häufig erfolgt aber die Diagnose erst im Alter von ca. 6 Jahren.
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GR-PRA1 (Golden Retriever)
Der Beginn der Erkrankung variiert innerhalb einer Rasse, häufig erfolgt aber die Diagnose erst im Alter von ca. 5 Jahren.
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GR-PRA2 (Golden Retriever)
Der Beginn der Erkrankung variiert innerhalb einer Rasse, häufig erfolgt aber die Diagnose erst im Alter von ca. 5 Jahren.
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NECAP1-PRA (Riesenschnauzer)
Die ersten Symptome dieser PRA-Variante werden in einem Alter von etwa 4 Jahren beschrieben. Das NECAP1-Gen codiert für ein Protein, das an der Clathrin-vermittelten Endozytose (CEM) in den
Synapsen beteiligt ist. Man geht davon aus, dass durch das Verhindern dieser CEM in der Retina betroffener Hunde Rhodopsin in den Photorezeptoren akkumuliert, was zu Zelltod und einer
Degeneration der Retina führt.
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PAP-PRA1 (Phalène)
Die mit diesem Gentest nachweisbare genetische Variante erklärt ca. 70% der PRA-Fälle. Es muss mindestens noch eine weitere genetische Ursache für PRA in diesen Rassen geben.
- PRCD-PRA (American Cocker Spaniel, American Eskimo Dog,
Australian Cattle Dog, Australian Shepherd, Australian Silky Terrier, Australian Stumpy Tail Cattle
Dog, Bearded Collie, Bologneser, Bolonka Zwetna, Chesapeake Bay
Retriever, Chihuahua, Chinese Crested Dog, English Cocker Spaniel, English Shepherd, Entlebucher Sennenhund, Finnischer Lapphund, Französischer Wasserhund (Barbet), Golden Retriever, Großspitz,
Jack Russell Terrier, Karelischer Bärenhund, Kuvasz, Labradoodle, Labrador Retriever, Lagotto Romagnolo, Lappländischer Rentierhund, Markiesje, Miniature Australian Shepherd, Norwegischer
Elchhund, Nova Scotia Duck Tolling Retriever, Parson Russell Terrier, Portugiesischer Wasserhund, Pudel, Riesenschnauzer, Schipperke, Schwedischer Lapphund, Spanischer Wasserhund, Spitz, Toy
Pudel, Wäller, Yorkshire Terrier, Zwergpudel)
Bei der PRCD-PRA verlieren zuerst die Stäbchenzellen ihre normale Funktion, dies führt zu fortschreitender Nachtblindheit und einem Verlust der Anpassung des Sehvermögens. Im späteren Stadium
werden auch die Zapfenzellen zerstört, so dass es schließlich zur völligen Erblindung des Hundes kommt. Die klinischen Symptome treten in der Regel schon in der frühen Jugend auf, in den
verschieden Hunderassen allerdings zu unterschiedlichen Zeitpunkten.
- RCD1-PRA (Irish Setter, Irisher Red and White Setter)
- RCD1a-PRA (Sloughi)
Beim Sloughi handelt es sich um eine Dysplasie von Zapfen und Stäbchen, eine sog. Rod-cone-dysplasia type 1 (rcd1). Diese ist als rcd1a beschrieben. Die rcd1-Mutation wird autosomal rezessiv
vererbt und ist durch einen frühen Krankheitsbeginn gekennzeichnet.
- RCD2-PRA (Collie (Kurzhaar/Langhaar)
Die „Collie-PRA“ oder auch genannt rod-cone Dysplasie Typ 2 (rcd2) ist eine Form der Retinadegeneration, die beim Langhaar- und Kurzhaarcollie seit Jahrzehnten ein gesundheitliches Problem
darstellt. Bei dieser Erkrankung führt eine abnorme Entwicklung der Zapfen und Stäbchen zu einem frühzeitigen Auftreten der Nachtblindheit, die typischerweise bei den Welpen etwa im Alter von
6 Wochen erstmalig auftritt. In den meisten Fällen erblindet ein rcd2-betroffener Hund im Alter von einem Jahr vollständig.
- RCD3-PRA (Cardigan Welsh Corgi, Chinese Crested Dog, Welsh Corgi, Zwergspitz)
Diese Variante führt bereits beim jungen adulten Hund zur Erblindung. Es handelt sich um eine sogenannte Rod-cone-dysplasie Typ 3 (rcd 3), die bereits 1972 beschrieben wurde. Beim Cardigan
Welsh Corgi kann sie im Alter von 6-16 Wochen detektiert werden. Manche Tiere behalten eine Restsehfähigkeit bis zum Alter von 3-4 Jahren.
- RCD4-PRA (Altdänischer Vorstehhund, Australian Cattle Dog, English Setter, Gordon Setter, Irish Setter, Irisher Red and White Setter, Kleiner Münsterländer, Polski Owczarek Nizinny (PON),
Pudel, Tatra-Schäferhund, Tibet Terrier, Toy Pudel, Zwergpudel)
Beim Irish Setter handelt es sich um eine Dysplasie von Zapfen und Stäbchen, eine sog. Rod-cone-dysplasia type 1 (rcd1) oder type 4 (rcd4). Beim Gordon Setter ist bisher nur die
Rod-cone-dysplasia type 4 (rcd4) Form bekannt. Während die rcd1-Variante durch einen frühen Krankheitsbeginn gekennzeichnet ist, wird die rcd4-Variante als Late-Onset-PRA (LOPRA) beschrieben
und tritt frühestens ab dem zweiten Lebensjahr auf. Ein erstes Anzeichen für diese Form der PRA ist die Nachtblindheit betroffener Hunde. Beim Tibet Terrier wurde die Rod-cone-dysplasia type
4 (rcd4) Mutation als eine Ursache der PRA nachgewiesen. Da die Mutation nicht alle Krankheitsfälle abdeckt, kommen für die PRA bei dieser Rasse sehr wahrscheinlich weitere bisher unbekannte
Mutationen vor.
- B1-PRA, HIVEP3 (Zwergschnauzer)
Neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen zu Folge ist eine Mutation im HIVEP3-Gen für die frühe Form der Typ-B PRA beim Zwergschnauzer verantwortlich. Der bisher angebotene Typ-B-PRA Test
über Optigen (mittlerweile GeneSeek) hat eine genetische Variante im PPT1-Gen untersucht, die Abweichungen im Bezug auf Genotyp und Phänotyp zeigte.
- EO-PRA (Spanischer Wasserhund)
Beim Spanischen Wasserhund kommt neben der Prcd-PRA, deren Symptome eher in einem späteren Alter auftreten, die sogenannte earyl-onset-PRA (eo-PRA) vor, die schon in einem jungen Alter zu
Sehbeeinträchtigungen führen kann. Besitzer von eo-PRA betroffenen Hunden berichten von ersten Sehstörungen im Alter von etwa 1,5 Jahren, während die Hunde im Alter von 4,5 Jahren bereits als
weitgehend blind beschrieben werden. Die eo-PRA wird durch eine Variante im PDE6B-Gen verursacht, welche autosomal-rezessiv vererbt wird. Bei dieser Form der PRA kann häufig eine Diagnose
durch eine klinische Augenuntersuchung erst einige Zeit später gestellt werden, nachdem die Besitzer bereits erste Veränderungen festgestellt haben.
- XL-PRA (Husky, Samojede)
Die sogenannte X-Linked PRA (XL-PRA) ist eine Sonderform im Vergleich zu anderen PRAs, da die zugrunde liegende Mutation auf dem X-Chromosom liegt. Da männliche Tiere nur ein X-Chromosom
besitzen, sind Rüden bei Vorliegen des Gendefekts immer betroffen. Bei Hündinnen müssen beide X-Chromosomen die Mutation tragen, damit die Krankheit in vollem Umfang ausbricht. Die XL-PRA ist
eine spät einsetzende Form der Erkrankung. Die ersten Symptome zeigen sich erst mit drei bis fünf Jahren.
Dezember 2020
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