Hitzschlag - die sommerliche Bedrohung

Einleitung

Zum Hitzschlag kommt es, sobald die Fähigkeit des Körpers überschritten wird, die Wärme abzugeben, die aus Stoffwechsel, Anstrengung und Umweltfaktoren resultiert. (1) Die Hyperthermie führt zu einer systematischen Aktivierung der Entzündungskaskade, die zu einem Multiorganversagen führen kann.

 

Beim Hund liegt ein Hitzschlag vor, wenn die Körperkerntemperatur von 41° C überschritten wird. 

Klassischer Hitzschlag

Der klassische Hitzschlag wird umweltbedingt durch sehr hohe Umgebungstemperaturen ausgelöst.

Anstrengungsinduzierter Hitzschlag

Hohe körperliche Belastung in heißer Umgebung bei gleichzeitig hoher relativer Luftfeuchte führt zum anstrengungsinduzierten Hitzschlag-

Physiologie - Temperaturregelung im Normalfall

Körpertemperatur wird durch Wärmeproduktion und Wärmeabgabe in Balance gehalten. Die Wärmeproduktion wird möglich durch Nahrungsaufnahme (Energiezufuhr) und ständig ablaufende Stoffwechselprozesse, bei denen Wärmte produziert wird, hauptsächlich in der Muskulatur und in der Leber. Wird mehr Wärme produziert als benötigt, wird sie an die Umwelt abgegeben. Dies erfolgt über die Haut und Schleimhäute, immer von innen nach außen. Hierzu stehen dem Körper verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung: 

Thermoregulation

Der Körper erkennt die Temperatur der Umgebung über Thermorezeptoren in der Haut, den Schleimhäuten, den Bauchorganen und dem Rückenmark. Im Hypothalamus, in der Area praeoptica erfolgt ein Abgleich zwischen Ist- und Sollwert der Körperkerntemperatur:

 

  • Außentemperatur hoch: Die Folge ist periphere Vasodilatation und zentrale Vasokonstriktion. So wird viel Wärme über die Blutbahn an die Körperoberfläche abgegeben. Außerdem werden die Tiere zum Hecheln und Schwitzen. Die Wärmeabgabe läuft im Wesentlichen über diese Mechanismen ab:
  1. Konduktion
  2. Konvektion
  3. Radiation
  4. Verdunstung

Bei Umgebungstemperaturen unterhalb der Körpertemperatur erfolgt die Wärmeabgabe hauptsächlich über Radiation und Konvektion. Steigt die Umgebungstemperatur an, werden diese Mechanismen immer weniger effektiv. Irgendwann kann dann die Wärmeabgabe nur noch über Verdunstung (Hecheln, Nasenschleimhaut) erfolgen. Ist auch die Luftfeuchtigkeit hoch, kann dieser Mechanismus versagen!

  •  Außentemperartur niedrig: Es wird vermehrt Wärme durch Kältezittern und zitterfreie Prozesse produziert. 

 

 

Akklimatisation

Die langfristige Anpassung an veränderte Umweltbedingungen nennt man Akklimatisation und dauert bei Tieren zwischen 10 - 20 Tagen, bei extremen Bedingungen bis zu 60 Tagen. Zu diesen Mechanismen zählen

  • Aktivierung des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems
  • Natrium- und Wasserretention
  • erhöhte glomäruläre Filtration
  • Expansion des Plasmavolumens
  • Tachykardie
  • Erhöhung des Herzminutenvolumens
  • erhöhter Widerstand gegen Rhabdomyolyse

Weitere Mechanismen

  • Akute Phase-Reaktion: Hieran sind die Endothelzellen, Leukozyten und Epithelzellen beteiligt, die verschiedene Zytokine aktivieren.
  • Produktion von Hitzeschockproteinen. Diese erhöhen vorübergehend die Toleranz gegen Hitze

Pathophysiologie

Die Schädigungen durch den Hitzschlag sind vielfältig und vor allem Resultat der direkten thermischen Schädigung der Zellen, der Hypoperfusion und der Gewebshypoxie.

  • Herzmuskel:  Zytotoxische Schädigung des Myokards führt zu Erregungsleitungsstörung und Arrhythmien
  • Lunge: Thermische Schädigung des Epithels führt zu Vaskulitis, Hyperämie, Ödemen und Nekrosen
  • Gefäßendothel: Thermische Schädigung führt zu Aktivierung der Gerinnungskaskade, Verbrauchskoagulopathie, DIC
  • Niere: Ischämie, Hypovolämie, Mikrothromben und Myoglobin führen zu interstitiellen Blutungen, Tubulusnekrosen und akutem Nierenversagen
  • Leber: Hepatozelluläre Nekrose führt zu Erhöhung der Leberenzymem, Bilirubinämie, Hypoglykämie, reduzierter Produktion von Gerinnungsfaktoren
  • Magen-Darm-Trakt: Mukosaschädigung führt zu Bakteriämie, Endotoxämie
  • ZNS: Blutungen, Ödeme, Nekrosen, Anstieg des intrakraniellen Drucks

Klinik

Anamnese

Bei der Anamnese berücksichtigt man die aktuellen Außentemperaturen und weitere prädisponierenden Faktoren.

 

Endogene Faktoren:

  • Adipositas
  • Larynxparalyse
  • Brachyzephalie
  • Obstruktionen der oberen Atemwege anderer Genese
  • dichtes Haarkleid
  • Herz-/Kreislauferkrankungen
  • Atemwegserkrankungen
  • zentralnervöse Erkrankungen
  • hohes Alter
  • endokrine Erkrankungen (Hyperthyreose)

Exogene Faktoren:

  • Mangel an Akklimatisation
  • Wasserentzug
  • kein Zugang zu schattigen Orten
  • Einschluss in enge, schlecht belüfteten Räume bei starker äußerer Wärmeeinwirkung
  • starke physische Belastung bei hohen Außentemperaturen
  • medikamentell bedingt (maligne Hyperthermie bestimmter Hunderassen)

Symptome

Allgemeinzustand: 

  • Seitenlage
  • reduziertes Bewußtsein
  • komatös

Temperatur:

  • jede Temperatur möglich

Atmung:

  • Tachypnoe
  • Dyspnoe
  • extremes Hecheln

Herz-/Kreislauf:

  • hyperämische, teils trockene Schleimhäute, ggf. mit Petechien oder Ekchymosen (auch in der Haut)
  • sehr schnelle bis nicht vorhandene kapilläre Rückfüllzeit
  • Tachykardie
  • abnorme Pulsqualität
  • Herzarrhythmien

ZNS:

  • reduziertes Bewußtsein
  • Ataxie
  • kortikale Blindheit
  • epileptische Anfälle
  • Koma

Gastrointestinaltrakt:

  • Hypersalivation
  • Vomitus
  • Hämorrhagische Diarrhoe

 

Quellenangaben

  1. Johnson SI, McMichael M, White G.: Heatstroke in small animal medicine: a clinical practice review. J. Vet Emerg Crit Care 2006; 16 (2): 112-119