Das feline Panleukopenievirus (FPV) ist ein kleines, unbehülltes, DNA-Virus mit einem Einzelstrang-Genom. Es ist nahe verwandt mit caninen Parvoviren und unterscheidet sich von diesen nur in wenigen Nukleotidaustauschen. Canine Parvoviren sind aus einem Vorläufervirus des FPV in anderen Karnivoren entstanden und haben den Hund infiziert. Einige weitere Mutationen haben zu der Entstehung von antigen Typen des CPV geführt, die auch Katzen infizieren und klinische Symptome verursachen können, die nicht von denen einer FPV-Infektion unterscheidbar sind. Bei klinisch an Panleukopenie erkrankten Katzen werden in Deutschland nur in wenigen Fällen, in Asien nach einigen Studien möglicherweise häufiger canine Parvoviren isoliert.
FPV wird in großer Menge mit dem Kot erkrankter Tiere ausgeschieden und bleibt über Monate bis Jahre in der Umwelt infektiös. Das Virus kann daher leicht an der Kleidung der Besitzer in Wohnungen getragen werden und so auch reine Wohnungskatzen infizieren. Das Wirtsspektrum des FPV umfasst alle Carnivoren außer Wolf, Hund und Koyoten.
FPV verursacht eine systemische Infektion. Nach Infektion kommt es innerhalb von 18 bis 24 Stunden zur Replikation in den Lymphgeweben des Oropharynx. Anschließend kommt es zu einer 2 bis 7 Tage andauernden Virämie. Pathologische Veränderungen entstehen primär in Geweben mit hoher mitotischer Aktivität. Bevorzugte Zielzellen des FPV sind daher die sich schnell teilenden Zellen des lymphatischen Gewebes, des Knochenmarks und die Kryptenepithelzellen der Darmmukosa. Parvoviren werden vorwiegend mit dem Kot ausgeschieden. Die Ausscheidung beginnt bereits kurz nach der Infektion, noch innerhalb der Inkubationszeit von 4 bis 6 Tagen, und kann bei genesenen und klinisch inapparent infizierten Tieren noch bis zu 6 Wochen, teils auch darüber hinaus andauern.
Die klinischen Symptome variieren abhängig vom Alter und Immunitätsstatus des Tieres. Bei Katzen, die bereits Antikörper besitzen, verläuft die Infektion in der Regel asymptomatisch. Katzen ohne Immunität können akute Symptome entwickeln. Bei der Katze treten, im Gegensatz zum Hund, als erste Krankheitsanzeichen meist nur Apathie, Anorexie und Fieber auf. Häufig kommt es im Verlauf Erbrechen, das selten blutig werden kann. Durchfall ist nicht immer vorhanden. Massiver wässriger, teils blutiger Durchfall kann zwar auftreten, ist aber wesentlich seltener als beim Hund. Manchmal verläuft die Krankheit perakut, und die Katzen werden häufig hypothermisch oder komatös im terminalen Stadium eines septischen Schocks aufgefunden und sterben oft innerhalb von wenigen Stunden. Die Letalität bei Panleukopenie liegt ohne intensive Therapie zwischen 25 und 90 % und ist bei jungen Tieren besonders hoch. Eine Sonderform der FPV-Infektion stellt das sogenannte „feline Ataxie-Syndrom“ (zerebellare Ataxie) dar. Bei Infektionen trächtiger Kätzinnen werden die Feten intrauterin infiziert. Intrauterine Infektion im ersten Drittel der Trächtigkeit führt zu fötalem Tod und Fruchtresorption oder Geburt mumifizierter Föten. Infektionen im mittleren Teil der Trächtigkeit haben Aborte zur Folge. Tritt die Infektion später in der Trächtigkeit auf, kommt es zur Geburt von lebenden Welpen mit unterschiedlichen Schädigungsgraden (auch innerhalb eines Wurfes) des sich spät entwickelnden neuralen Gewebes. Die Welpen zeigen Schädigungen des Zerebellums, seltener des Nervus opticus und/oder der Retina. Die Virusreplikation in den Purkinjezellen des fetalen Kleinhirns führt zur Kleinhirnhypoplasie und daraus resultierend zum Krankheitsbild der felinen Ataxie. Die Katzenwelpen zeigen nach der Geburt eine charakteristische Hypermetrie, Ataxie, Inkoordination und häufig Intentionstremor. Laboruntersuchungen bei Katzen mit feliner Panleukopenie zeigen typischerweise eine Leukopenie mit Neutropenie und Lymphopenie 4 bis 6 Tage nach Infektion. Als Folge der Neutropenie kommt es zu einer verminderten Phagozytosekapazität; dadurch können sekundäre bakterielle Infektionen nicht ausreichend abgewehrt werden und die Tiere werden septisch. Lymphopenie entsteht durch die Zerstörung der mitotisch aktiven Vorläuferzellen der zirkulierenden Lymphozyten.
Katzen sollten zu jeder Zeit gegen FPV geschützt sein. Es sind Impfstoffe verfügbar, die wirksam vor einer Infektion schützen. Obwohl grundsätzlich inaktivierte Vakzinen und Lebendimpfstoffe bereitstehen, konnten sich nur die Lebendimpfstoffe auf dem Markt durchsetzen. Eine erfolgreiche Impfung induziert einen langjährigen, möglicherweise sogar lebenslangen Schutz. Die Panleukopenie ist in Deutschland durch die regelmäßige Impfung gut kontrolliert. Eine kürzlich durchgeführte Studie zeigte den engen Zusammenhang zwischen bestehenden maternalen Antikörpern und Impferfolg. Schon geringe Mengen von maternalen Antikörpern können die Ausbildung eines belastbaren Impfschutzes beeinträchtigen. Durch gut immunisierte Muttertiere haben die Welpen oft hohe Konzentrationen an maternalen Antikörpern, die zum Zeitpunkt der ersten Impfung im Alter von (sechs bis) acht Wochen und darüber hinaus persistieren. So kommt es besonders in Zuchten, in denen regelmäßig geimpft wird, zu Ausbrüchen von Panleukopenie. Um der unterschiedlich langen Persistenz maternaler Antikörper Rechnung zu tragen, sollte die erste Impfung mit spätestens 8 Wochen (bei hohem Infektionsdruck mit 6 Wochen) begonnen werden. Danach sollten die Welpen im Abstand von 3 bis 4 Woche mindestens bis zur 16. Lebenswoche geimpft werden. Nach neuen Studien ist bei einigen Katzen selbst eine Impfung in der 16. Woche nicht ausreichend, um einen sicheren Impfschutz zu erzielen.
Dieser Test basiert maßgeblich auf der Leitlinie zur Impfung von Kleintieren, 4. Auflage, Stand 03.03.2017