Dirofilaria immitis

Herzwürmer

Dirofilaria immitis ist eine Filarienart. Filarien gehören zu den °Nematoden. In Europa sind fünf verschiedene Arten beim Hund bekannt. Zwei Dirofilarienarten, die beim Hund zum Einen die Herzwurmkrankheit (Dirofilaria immitis) und zum Anderen die Hautwurmkrankheit (Dirofilaria repens) auslösen und drei andere Arten (Acanthocheilonema reconditum, A. dracunculoides und Cercopithifilaria grassi). Viele Stechmückenarten (Culex, Aedes, Anopheles) übertragen die Larven, die dann von der Haut in Blutgefäße und das Herz wandern und sich dort zu ausgewachsenen Würmern weiterentwickeln und dort sehr viele Jahre leben. Die Erkrankung wird inzwischen als "°Emerging Disease" eingestuft. Sie hat Zoonosepotential, denn die Parasiten können auch beim Menschen klinische Symptome auslösen. 

Klimaveränderungen in Kombination mit einer erhöhten Anzahl filarienpositiver Hunde (Reise/Import) begünstigen die weitere Ausbreitung und das Entstehen neuer Naturherde.

Wollen Sie mehr über diesen faszinierenden Parasit wissen? Ich nehme Sie gerne mit auf Entdeckungsreise.

Der Entwicklungszyklus

Anopheles (by Challiyan,  Wikipedia)
Anopheles (by Challiyan, Wikipedia)

Hunde und wildlebende Kaniden sind die natürlichen Wirte und das wichtigste Erregerreservoir für den Herzwurm Dirofilaria immitis.

 

Katzen und Frettchen entwickeln gelegentlich eine geringgradige, vorübergehende Mikrofilarämie und stellen ein damit ein begrenztes Reservoir für die Infektion von Stechmücken dar. 

  1. Im Wirt geben adulte weibliche Filarien nach Vereinigung mit adulten männlichen Filarien Mikrofilarien (Larvenstadium 1 (L1)) in das Blut ab. Im Blutstrom überleben die circa 280 bis 300 µm langen Mikrofilarien zwischen 2 und 18 Monate.
  2. Wird der Wirt von Stechmücken (Culex, Aedes, Anopheles) gestochen, nehmen diese die L1-Larven auf.
  3. In der Mücke findet nun die Entwicklung über das Larvenstadium 2 bis zum Larvenstadium 3 statt. Hierzu sollte es über 14° C warm sein. Bei Temperaturen über > 14 ° C ist die Entwicklung bei D. immitis innerhalb von 14 Tagen abgeschlossen. Die Larven von D. repens benötigen 10 bis 21 Tage bei 24-27 °C.
  4. Sticht die infizierte Mücke nun wieder einen Wirt, werden die L3-Larven aktiviert und wandern aktiv über den Stichkanal in den neuen Wirt eine. Bis zu 10 Larven können pro Stich und Saugakt so den Wirt wechseln.
  5. Im Unterhautgewebe und in der Muskulatur häutet sich L3 noch zweimal. Die präadulten Würmer wandern dann zwischen Muskelfasern zum vorderen Abdomen, Thorax, Nacken, Vordergliedmaßen und Kopf, wo sie in größere Venen eindringen. D. immitis wandert in das rechte Herz, die Pulmonalarterien und die Vena cava ein. Hier reifen die Larven zu °adulten Würmern heran, die sich vereinigen und wieder Mikrofilarien hervorbringen. Bei D. repens erfolgen die letzte Häutung und die anschließende Vermehrung im Bindegewebe.
    Außerdem wandern die Larven manchmal auch an andere Orte wie die Peritonealhöhle, das ZNS, das Auge und in die Bronchien.
  6. Der Kreislauf ist nun geschlossen. Insgesamt dauert der Prozess zwischen 5 und 7 Monaten.

Die Würmer

Diese adulten Würmer erreichen eine Länge von 7 bis 17 cm. Die Lebensdauer von D. immits  wird beim Hund mit bis zu 7,5 Jahren angegeben. Auch D. repens überlebt im Wirt mehrere Jahre.

In neueren Untersuchungen wurden in den adulten Filarien sowie in allen Larvenstadien Bakterien der Gattung Wolbachia spp. identifiziert, die als Endosymbionten mit ihrem Wirt leben. Sie scheinen eine bedeutende Rolle für die Vitalität (Lebenskraft) und Fertilität (Fruchtbarkeit) der Nematoden zu spielen. Diese Entdeckung hat Eingang in die aktuellen Therapieempfehlungen gefunden.

Die Verbreitung

Die Verbreitung von Dirofilaria immitis nimmt immer weiter zu. In Gebieten, in denen die Erkrankung schon länger vorkommt, sinkt oft die Prävalenz, während in Gebieten, in den sich Herzwürmer offenbar erst in jüngerer Zeit ausgebreitet haben, wie Mittel und Nordosteuropa, die Prävalenz steigt. 

 

Weltweit kommt die Herzwurmkrankheit in Europa, im Nahen Osten, in Südostasien, in Afrika, in Amerika und Australien vor.

 

Die Herzwurmkrankheit tritt im gesamten Mittelmeerraum über Frankreich (vom Süden bis über den 47. Breitengrad, nördlich von Paris) bis in die Südschweiz (Kanton Tessin). Hochendemiegebiete liegen aktuell in Norditalien (Poebene und Toskana) und auf den Kanarischen Inseln La Palma und Teneriffa auf. 

 


Prävalenzen in ausgewählten Gebieten:

  • China (Nordosten): 2 - 15%
  • Indien (Nordosten): 4,7 - 29,5%
  • Kroatien: niedrig
  • Rumänien: 0,7 - 25%
  • Sibirien: Autochtone Fälle 
  • Türkei: 0 - 18%

Hauptfaktoren, die Ausbreitung begünstigend

  • Klimawandel
  • Einführung neuer, invasiver und kompetenter Mückenarten, z.B.
    • Aedes albopictus
    • Aedes koreicus
  • Haustierbewegungen zwischen den Ländern
  • Unzureichende Prävention bei Hunden, besonders in neuen Kolonisationsgebieten

Pathogenese und Symptomatik

Hundeherz mit Herzwürmern, Alan R Walker, Wikipedia
Hundeherz mit Herzwürmern, Alan R Walker, Wikipedia

Die kardiovaskuläre Dirofilariose ist eine systemische Erkrankung, von der vor allem Lunge, Herz, Leber und Nieren betroffen sind.

Die Symptome sind sehr stark von der Anzahl der adulten Herzwürmer und ihrer Lokalisation abhängig. 

Bei Hunden mit einem D. immitis-Befall können die klinischen Symptome in vier Stadien eingeteilt werden, wobei in vielen Fällen auch nur einzelne unten angeführte Symptome evaluierbar sind.

Pathogenese / Körperliche Veränderungen

Die Filarien verursachen lokale Entzündungsreaktionen im Bereich des rechten Herzens und der Lungenarterien. Das Gefäßlumen verengt sich und Elastizität der Blutgefäße nimmt ab. Die durch Entzündung geschädigten Blutgefäßentothelien setzen vasoaktive Substanzen frei. In Folge kommt es zu weiterer Vasokonstriktion und dadurch zur pulmonalen Hypertension. Der Körper versucht nun den erhöhten arteriellen Druck im Lungenkreislauf auszugleichen. Dies führt zu einer Rechtsherzhypertrophie und Rechtsherzinsuffizienz. Die mechanische Behinderung des Blutflusses im Bereich der Trikuspidalklappe führt zu Wirbelströmungen und dadurch zur traumatischen Schädigung der Erythrozytenmembran. Gemeinsam mit der chronischen systemischen Entzündungsreaktion führt dies einerseits zu einer hämolytischen Anämie mit Hämoglobinurie, andererseits zu einer verminderten Regeneration des roten Blutbildes.

 

 

Symptome

Stadium 1

Die Tiere zeigen keine oder nur geringe Symptome: seltener, oft leistungsabhängiger Husten und eine verminderte Leistungsbereitschaft

Stadium 2

Der Husten ist inzwischen chronisch, tritt auch schon im Ruhezustand auf. Die Tiere zeigen Gewichtsverlust, die Kondition nimmt ab. Anstrengungsdyspnoe und Anämie kommen dazu.

Stadium 3

Herz- und Lunge sind so stark verändert, dass sie sich beim Thoraxröntgen und Herzultraschall nachweisen lassen. Tachykardie,  Tachypnoe, Anämie, ein systolischer Jugularvenenpuls, Hepatomegalie, Gallenblasenwandödem, Aszites und Liquidothorax können auftreten. In seltenen Fällen tritt perakut Schock und intravasale Hämolyse auf.

Stadium 4

Akutes Vena-Cava Syndrom mit zumeist letalen Ausgang.

Prognose

Stadium 1

Wird die Krankheit in diesem Stadium erkannt, ist die Prognose sehr gut bis gut.

 

Stadium 2

Wird die Krankheit in diesem Stadium erkannt, ist die Prognose oft noch gut, manchmal aber schon vorsichtig zu beurteilen.

 

Stadium 3

Die Prognose ist nur noch vorsichtig zu beurteilen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Stadium 4

Die Prognose ist schlecht. Die meisten Tiere werden sterben.


In seltenen Fällen wurden in Europa bei Infektionen mit D. immitis Erkrankungen der Augen und Bindehäute beschrieben.

Mikrofilarien können generell durch die Aktivierung des Immunsystems und Bildung von Antigen-Antikörperkomplexen, sowohl eine Glomerulonephritis, als auch eine Vaskulitis und Pneumonie verursachen.

Hypersensitivitätsreaktionen auf Mikrofilarien wurden bei einigen Hunden nach der Gabe von makrozyklischen Laktonen vermutet. Sehr selten kann es bei sehr hoher Mikrofilariendichte und plötzlichen mechanisch verursachten Durchblutungsstörungen, wie zum Beispiel bei einer Magendrehung, zu Thrombosen und Thromboembolien mit daraus resultierenden schweren Organschäden kommen.

Diagnostik

Die zurzeit verfügbaren Herzwurm-Antigentests detektieren ein von adulten weiblichen Dirofilaria immitis abgegebenes Protein. Der früheste Zeitpunkt, an dem Herzwurmantigen und Mikrofilarien diagnostiziert werden können, ist ca. 5 bzw. 6 Monate nach Infektion. Es gibt eine in der Regel mindestens 7 Monate lange Phase  vor einem möglichen Nachweis. Diesen Zeitraum bezeichnet man als Prädetektionsphase. Es macht daher keinen Sinn, Hunde vor dem 7. Lebensmonat auf Antigen oder Mikrofilarien zu testen.

 

Antigene werden selten bis gar nicht bei Hunden mit sehr niedrigem Wurmbefall diagnostiziert.

 

Infizierte Hunde, die makrozyklische Laktone als Prophylaxe bekommen haben, kann die Antigenämie bis zu 9 Monate nach der Infektion unterdrückt sein. 

Indirekter Erregernachweis

Dirofilaria immittis - Antigennachweis

Der  serologische Antigentest weist Oberflächenproteine der weiblichen, gebärenden Filarien (Makrofilarien) nach, die im Herz oder größeren Gefäßen leben. Er ist die sensitivste Nachweismethode für Dirofilaria immitis und kann frühestens 5-6 Monate nach Infektion positiv ausfallen. Männliche Herzwürmer werden nicht erkannt.

 

Hunde, die aus einem Endemiegebiet nach Mitteleuropa verbracht werden, sollten immer nach 6 Monaten getestet werden!

 

Direkter Erregernachweis

Mikrofilarientests validieren die serologischen Ergebnisse, identifizieren einen Hund als Erregerreservoir und veranlassen den Tierarzt zu besonderer Aufmerksamkeit bei der Verschreibung mikrofilarizider Medikamente.

Mikrofilarien-Filtrationstest

Die Blutentnahme sollte nicht vor 16:00 Uhr durchgeführt werden, da sich die Mikrofilarien von Dirofilaria immitis abends im peripheren Blut anreichern, angepasst an das Stechverhalten der Überträgermücken. Bei den anderen Filarienarten ist man noch nicht sicher, passt sich mit der Blutentnahme aber sicherheitshalber an.

Knott-Test

Nachweis der Mikrofilarien im Blutausstrich, Knott-Test aus EDTA-Blut nachgewiesen werden.  Der modifizierte Knott-Test bleibt die bevorzugte Methode zur Beurteilung der Morphologie und Bestimmung der Größe, um Dirofilaria immittis von nicht pathogenen Filarien Spezies wie Acanthocheilonema (früher Dipetalonema) reconditum abzugrenzen.

 

Die Blutentnahme sollte nicht vor 16:00 Uhr durchgeführt werden, da sich die Mikrofilarien von Dirofilaria immitis abends im peripheren Blut anreichern, angepasst an das Stechverhalten der Überträgermücken. Bei den anderen Filarienarten ist man noch nicht sicher, passt sich mit der Blutentnahme aber sicherheitshalber an.

Mikrofilarien-PCR (qualitativ)

Die Blutentnahme sollte nicht vor 16:00 Uhr durchgeführt werden, da sich die Mikrofilarien von Dirofilaria immitis abends im peripheren Blut anreichern, angepasst an das Stechverhalten der Überträgermücken. Bei den anderen Filarienarten ist man noch nicht sicher, passt sich mit der Blutentnahme aber sicherheitshalber an.

 

Bei einem positiven PCR-Ergebnis ist eine Differenzierung der Filarienart möglich und auch empfehlenswert, um eine auf die Filarienart abgestimmte Therapie einzuleiten.

Mikrofilarien-PCR (quantitativ)

Die Blutentnahme sollte nicht vor 16:00 Uhr durchgeführt werden, da sich die Mikrofilarien von Dirofilaria immitis abends im peripheren Blut anreichern, angepasst an das Stechverhalten der Überträgermücken. Bei den anderen Filarienarten ist man noch nicht sicher, passt sich mit der Blutentnahme aber sicherheitshalber an.

 

Die quantitative PCR-Untersuchung dient der Dosisanpassung. Bei hohen Erregergehalten senkt man die Dosis zur Minderung des Thrombembolierisikos. Auch dient die Therapiekontrolle dem Ausschluss von Resistenzen.

Weitere Untersuchungsmöglichkeiten

Bei Hunden mit einer kardiopulmonalen Dirofilariose sind Blutbildveränderungen generell unspezifisch.

C-reaktives Protein (CRP)

Der Nachweis von erhöhtem C-reaktiven Protein im Serum korreliert mit dem Schweregrad der klinischen Symptomatik, nicht aber mit dem Auftreten einer Mikrofilariämie.

Troponin-l-Wert/BNP

Herzmuskelschäden lassen sich serologisch testen

D-Dimere

Das Auftreten von erhöhten D-Dimeren als biologischer Marker für eine Fibrinolyse wurde bei der caninen Herzwurmerkrankung mit Mikrofilariämie als Hinweis auf pulmonalen Thromboembolismus gewertet.

Thoraxröntgen

Mittels Thoraxröntgen schätzt man den Schweregrad der Lungenveränderungen ab. Typische Befunde sind vergrößerte, gewundene und oft abrupt endende periphere  intra- und interlobuläre Äste der Pulmonalarterien, verknüpft mit pulmonalem Parenchymschaden unterschiedlichen Ausmaßes. Im schlimmsten Fall kommt es zu einer Rechtsherzvergrößerung.

Ultraschall/Sonographie/Echokardiogramm

Mit der echokardiographischen Untersuchung können, bei hoher Befallsstärke, Nematoden im rechten Herz und im Anfangsteil der Pulmonalarterien visuell dargestellt sowie der Schweregrad der pulmonalen Hypertension berechnet werden. 

Bei nur leicht befallenen Hunden ist das Echokardiogramm keine effiziente diagnostische Methode.

 

Eine Ultraschalluntersuchung von verdächtigen Hautknoten kann auch bei der subkutanen Dirofilariose die adulten Würmer darstellen.

Besondere Schwierigkeiten

Antigen-positiv und Mikrofilarien negativ

Bei ca. 15 % der Hunde tritt eine okkulte  (verdeckte) Herzwurminfektion auf. Dabei sind adulte Dirofilarien beider Geschlechter zwar vorhanden, aber es werden keine Mikrofilarien im peripheren Blut nachgewiesen.

 

Die Ursache scheint in der individuellen Immunantwort der Hunde zu liegen. Bei mikrofilarämischen Hunden reagiert das Immunsystem mit einer primär humoralen (Typ-2) Immunantwort auf Dirofilaria immitis, wohingegen bei amikrofilarämischen Hunden eine zelluläre (Typ-1) Immunantwort vorherrscht, welche auch mit dem Vorhandensein von Wolbachia spp. in den Filarien assoziiert zu sein scheint.

 

 

Okkulte Infektionen mit mindestens einem weiblichen adulten Herzwurm werden von den heutigen Tests trotzdem in den meisten Fällen erkannt. Mit einer Spezifität von annähernd 100% gibt es feine Unterschiede in der Sensitivität in Fällen mit geringem Wurmbefall und/oder niedriger Antigenämie.

Antigen-negativ und Mikrofilarien positiv

Bei einigen Hunden kommt es bei Infektionen zu der Bildung von Antigen-Antikörper-Komplexen die zu falsch negativen Antigentestergebnissen führen. Diese Hunde stellen sich Antigen-negativ und Mikrofilarien-positiv dar. Es ist wichtig, dass diese Hunde erkannt und behandelt werden, um die mögliche Selektion resistenter Subpopulationen von Herzwürmern zu limitieren.

Antigen-negativ und Mikrofilarien negativ

Es gibt infizierte Hunde, die sowohl Antigen-negativ als auch Mikrofilarien-negativ getestet werden.

Falsch - negativ/-positiv

Falsch negative und auch falsch positive Testergebnisse sollten durch wiederholte Untersuchungen mit anderen Tests oder durch Bestätigung eines Referenzlabors verifiziert werden.

Therapie

Präadultizide Beurteilung

Die notwendige diagnostische Aufarbeitung ist Abhängig von

  • Klinischer Status des Patienten
  • Anamnese
  • Allgemeine tierärztliche Untersuchung
  • Tests auf Antigen und Mikrofilarien

Schlüsselfaktoren für mögliche post-adultizide thromboembolische Komplikationen sind

  • Aktivitätsverhalten des Hundes
    • Bewegung
    • Aufregung
    • Überhitzung
  • Lungenerkrankungen 
  • Ausmaß der Infektion (Wurmbürde)

Aktuell gibt es keinen Test oder auch keine Kombination von Tests, der die Anzahl der vorhandenen Würmer verlässlich vorhersagt. 

 

Es gibt für die Vorbehandlung kein fertig ausgearbeitetes Protokoll!

Behandlungsgrundsatz

Jeder infizierte Hund muss so behandelt werden, als wäre eine erhebliche Anzahl von Würmern vorhanden oder als könnten schwere, durch tote oder absterbende Würmer ausgelöste individuelle Immunreaktionen auftreten, die im schlimmsten Fall den Tod des Hundes zur Folge haben.

 

Die Behandlung erkrankter Tiere ist komplex und besteht aus folgenden Bausteinen.

Ihr Tier hat aufgrund seiner Dirofilariose besondere gesundheitliche Probleme. Wir empfehlen eine Überprüfung der Fütterung. So kann sichergestellt werden, dass besondere Bedürfnisse abgedeckt sind.


Slow-Kill-Therapie Doxycyclin + Imidacloprid / Moxidectin

Doxycyclin

30 Tage Doxycyclin (10 mg/kg KGW 2 x täglich)

Doxycyclin führt zur Sterilisation der weiblichen Würmer und unterbindet damit die Freisetzung von Mikrofilarien, was den jeweiligen Patienten als Reservoir für die Vektormücken ausschließt.
Zusätzlich wurde gezeigt, dass Doxycyclin auch einen negativen Effekt auf die übertragene Larve 3 in der Frühphase der Infektion hat, sowie die Maturation und Vitalität der Nematoden reduziert.

Moxidectin

Imidacloprid / Moxidectin (Advocate (R)) monatliche Gabe als Spot On

 

Moxidectin ist ein makrozyklisches Lakton der zweiten Generation aus der Gruppe der Milbemycine. Es wirkt gegen Larvenstadien von Dirofilaria immitis (L1, L3, L4).

Moxidectin greift an GABA- und Glutamat-gesteuerten Chloridionenkanälen an. Dies führt zum Öffnen postsynaptischer Chloridionenkanäle, Einströmen von Chloridionen und Induktion eines irreversiblen Ruhezustandes. In der Folge kommt es zu einer schlaffen Lähmung der Parasiten, die zum Tod führt.

Prednisolon

Prednisolon 0,5 mg/kg KGW für 2-4 Wochen. Ausschleichend beenden!


Reduktion der Bronchopneumonie
Reduktion allergischer Reaktionen des Körpers
Nebenwirkung: kann möglicherweise Thrombosierungseignung erhöhen
Zweifelhaft bei asymptomatischen Tieren

Studie

Efficacy of imidacloprid 10%/moxidectin2,5% spot on (Advocate (R), Advantage Multi (R)) and doxycycline for the treatment of natural Dirofilaria immitis infections in Dogs. Vet. Parasitol 2019 Sep:273:11-16.

Slow-Kill-Therapie Doxycyclin + Imidacloprid

Die zusätzliche Gabe von Doxycyclin scheint sich auch hier positiv auszuwirken. Kombinationstherapien mit makrozyklischen Laktonen und Doxycyclin haben  einen positiven Effekt auf die Parasiteneliminierung, da dabei sowohl die Larven als auch die Endosymbionten (Wolbachia spp.) der adulten Würmer und damit auch die Makrofilarien deutlich reduziert werden konnten. Die Kombination aus Doxycyclin (10 mg/kg einmal täglich für 30 Tage) und 6 μg/kg Ivermectin +5 mg/kg Pyrantel (alle 15 Tage für 6 Monate) führte nach 3 Monaten zur Elimination der Mikrofilarien (in dieser Studie wurde kein Melarsomin eingesetzt). Nach 10 Monaten waren 73 Prozent der Hunde im Antigentest für adulte Filarien negativ. Doxycyclin führt zur Sterilisation der weiblichen Würmer und unterbindet damit die Freisetzung von Mikrofilarien, was den jeweiligen Patienten als Reservoir für die Vektormücken ausschließt. Zusätzlich wurde gezeigt, dass Doxycyclin auch einen negativen Effekt auf die übertragene Larve 3 in der Frühphase der Infektion hat sowie die Maturation und Vitalität der Nematoden reduziert.

Anstelle von Doxycyclin hat auch Minocyclin diesen gewünschten Effekt. Minocyclin zeigt eine höhere Bioverfügbarkeit und ist lipophiler als Doxycyclin, was die Penetration in die Zellen verbessert. Es ist bekannt, dass makrozyklische Laktone, über einen längeren Zeitraum regelmäßig verabreicht, ebenfalls zur Reduktion von adulten Filarien führt. Allerdings ist dieser Effekt stark zeitabhängig und impliziert die gewissenhafte regelmäßige Gabe der Präparate.

Diese als ‚slow-kill‘- Methode durchgeführte Therapieform kann zwar in einigen Studien schon nach einigen Monaten zum Therapieerfolg und Erregerelimination führen, allerdings zeigt die Praxis, dass oftmals 12 bis 18 Monate vergehen, bis die Therapie abgeschlossen werden kann. 

Der Nachteil dieser Therapieform ist, dass ein Aussetzen der Therapie, auch nur für wenige Wochen, die Gefahr des Aufflammens einer Mikrofilariämie birgt, was den Patienten wieder zu einem potenziellen Naturherd macht.

Behandlungsschema der American Heartworm Society (AHWS)

  • Die Therapie beginnt mit 4 Wochen Doxycyclin (10mg/kg 2-mal täglich oral) zur Elimination der Wolbachien.
  • Nach 4 Wochen einmalig eine Injektion Melarsamin.
  • 30 Tage später zweimalige Injektion Melarsamin im Abstand von 24 Stunden durchgeführt.
  • Begleitend ab dem ersten Tag wird eine monatliche Therapie mit mikrofilariziden Medikamenten begonnen.
  • Prednisolon (0,5mg/kg zweimal täglich oral über 2–4 Wochen langsam ausschleichend) kann zur Reduktion der Bronchopneumonie und allergischen Reaktionen des Körpers zu Beginn der Therapie und bei Reaktionen auf die adultizide Therapie verabreicht werden und wird in erster Linie bei Tieren mit bereits vorhandenen deutlichen Symptomen empfohlen. Man muss allerdings bedenken, dass Prednisolon auch die Thrombosierungsneigung zu verstärken scheint. Als prophylaktische Maßnahme bei asymptomatischen Tieren, scheint die Gabe von Steroiden nicht sinnvoll zu sein. 

    Positiv: Die Effizienz erreicht hier 98 Prozent bei reduzierten Nebenwirkungen durch das zeitlich verteilte Abtöten der Filarien. Das Protokoll zeigt gegenüber dem klassischen Äquivalent mit zwei Injektionen deutlich Vorteile für den Patienten hinsichtlich der Neigung zur pulmonären Thromboembolie. Zusätzlich wird mit diesem Protokoll auch jener kritische Zeitrahmen innerhalb einer Infektion überbrückt, in dem Herzwurmstadien (Larve 4, praeadulte Stadien) vorhanden sind, die weder auf Melarsamin noch auf ein makrozyklisches Lakton ansprechen.
    Negativ: Dieses Schema scheint in Tierheimen und in Regionen mit möglichen Resistenzentwicklungen in den USA teilweise auch eine deutlich niedrigere Effektivität aufzuweisen.   

Alternative für Hunde der Stadien 1 und 2

  • Gestartet wird mit einem makrozyklischen Lakton und einer 3-wöchigen Doxycyclin-Therapie.
  • Nach 4 Wochen erfolgt eine zweimalige Injektion Melarsamin im Abstand von 3 Tagen.
  • Von da an wird die Gabe des makrozylischen Laktons monatlich weiter aufrechterhalten bis das Tier im Antigentest negativ ist. Nach 3 Monaten erfolgt die erste Kontrolluntersuchung (Antigentest).
  • Sofern das Ergebnis positiv ausfällt, setzt man die monatliche Gabe des makrozyklischen Laktons fort. Nach 6 Monaten wird bei Bedarf die 2. Kontrolluntersuchung durchgeführt (Antigentest).
    Zu diesem Zeitpunkt zeigt sich, betreffend eines negativen Testresultates des Antigentests, eine Effizienz der Therapie von 93 Prozent, verglichen mit circa 50 Prozent nach 3 Monaten. Sofern der Test nach 6 Monaten noch immer positiv sein sollte, kann mit dem Fortführen der makrozyklischen Lakton-Therapie (Übergang zum ‚slow-kill‘-Protokoll) die Erregereliminierung zumeist innerhalb von 3 Monaten erzielt werden.

Bisherige Standarttherapie

Als Adultizid wird beim Hund Melarsamin eingesetzt. Die vom Hersteller empfohlene Standardtherapie beinhaltet eine zweimalige intramuskuläre Injektion von jeweils 2,5 mg/kg in die Lumbalmuskulatur im Abstand von 24 Stunden mit einer Effizienz von 96 Prozent.

Eine Sedierung des Patienten kann notwendig sein, um Abwehrbewegungen beim Einstechen der Injektionsnadel zu vermeiden und damit die versehentliche intravasale Applikation zu verhindern.

Die häufigste Nebenwirkung sind Schmerzen im Bereich der Einstichstelle für 24 Stunden. Vor allem, wenn bereits deutliche klinische Symptome durch die Dirofilariose hervorgerufen werden, kann es im Zuge dieser Therapieform zu letalen (tödlichen) Nebenwirkungen (Lungeninfarkt, allergischer Schock) kommen. Sobald die adulten Filarien absterben und deren äußere Haut desintegriert, werden vermehrt Endosymbionten frei. Dies führt zu einer starken Reaktion des Immunsystems mit Aktivierung des Gerinnungssystems. Durch Anlagerung von Thrombozytenaggregaten und lokalen oder systemischen Entzündungsreaktionen sowie, infolge des Abschwemmens von abgetöteten Dirofilarien in den Lungenkreislauf, entsteht eine mechanische Obstruktion der Lungenarterien. Diese Verlegung resultiert oft in einer Embolie. Prinzipiell sollten Hunde mit einer D. immitis-Infektion bewegungsrestringiert werden, da ein transient erhöhter Blutdruck die Wahrscheinlichkeit von Thromboembolien erhöht und den Lungenkreislauf vermehrt belastet.  

Die durch das Absterben der Dirofilarien hervorgerufenen Symptome werden zumeist 5–7 Tage nach der intramuskulären Injektion beobachtet, prinzipiell können entsprechende Nebenwirkungen, wie eine verstärkte lokale Entzündungsreaktion in der Lunge, aber auch noch Wochen nach der Therapie auftreten. 

Grundsätzlich sollten alle Tiere mit einer Mikrofilariämie, ungeachtet von etwaigen klinischen Symptomen, mit einem mikrofilariziden Präparat behandelt werden, um den Prozess der Endemisierung zumindest zu verlangsamen.

Vorsorge - Leben in einer Herzwurmregion

Leben Sie in einer "Herzwurmregion"? Dann sollte Ihr Hund möglichst ganzjährig mit einem prophylaktisch wirkenden Antiparasitikum behandelt werden. Ist eine ganzjährige Therapie nicht nötig oder gewünscht, sollte die Verabreichung mindestens einen Monat vor der prognostizierten Übertragungsperiode beginnen.

Welpen, bei denen die Vorsorge im Alter von 8 Wochen begonnen wurde, sollten 6 Monate nach der initialen Verabreichung und danach in jährlichen Abständen auf Herzwürmer getestet werden. 

 

Hunde ab 7 Monaten sollten vor einer Behandlung auf das Vorliegen einer Herzwurminfektion sowohl auf Mikrofilarien als auch auf das Herzwurmantigen untersucht werden. Diese Untersuchungen sollten 2 x im Abstand von 6 Monaten und danach jährlich wiederholt werden. 

 

Dieses Untersuchungsschema deckt subklinische Infektionen frühzeitig und vor Beginn der Chemoprophylaxe auf.

Makrozyklische Laktone

Alle heute verfügbaren Medikamente zur Herzwurmprophylaxe kommen aus der Gruppe der makrozyklischen Laktone (ML):

  • Orale monatliche Verabreichung: Milbemycinoxim und Ivermectin
  • Topische monatliche Verabreichung als Spot-on: Moxidectin und Selamectin

Nach 30 Tagen lässt die Wirkung gegen späte Stadien der Larve L4 nach. Juvenile Wurmstadien, die bereits 52 Tage nach der Infektion auftreten können, sind sogar noch unempfindlicher. 

  • Subkutane halbjährliche Verabreichung: mit Moxidectin imprägnierte Lipid-Mikrosphären-Formulierung

 

Auf mögliche Nebenwirkungen bei MDR-1 positiven Hunden ist je nach Präparat und Darreichungsform zu achten.

 

Nebenwirkung und Vergiftungen durch Makrozyklische Laktone

Nebenwirkungen wurden selten und vor allem bei hochgradigem Auftreten von Mikrofilarien im peripheren Blut berichtet und als akute Schockreaktion beschrieben.

Vergiftungen durch ML wurden bei Überdosierungen, bei Kombination mit anderen P-Glykoprotein hemmenden Wirkstoffen oder versehentlicher Aufnahme von hochkonzentrierten Formulierungen für Nutztiere beschrieben.

Fehlende Wirksamkeit

Eine fehlende Wirksamkeit wird dann vermutet, wenn ein Hund trotz korrekter Dosierung und regelmäßiger Verabreichung Herzwurm-positiv getestet wird. 

 

Die meisten Fälle von fehlender Wirksamkeit erklärten sich durch:

  • Probleme bei der richtigen Anwendung (Halter-Compliance)
  • Gabe nicht ausreichender Mengen
  • Gabe nicht zeitgerechter Verabreichung
  • Unvermögen des Hundes die verabreichte Dosis zu behalten
  • Fehlschlagen der Absorption des Wirkstoffes
  • Biologische Besonderheiten des Hundes sowohl im Metabolismus des Medikaments und/oder der Immunantwort auf den Parasiten

Kontrolluntersuchungen bei Gabe makrozyklischer Laktone

Der Test auf Antigene ist der zuverlässigste Test in der Verlaufskontrolle.

Kontrolluntersuchungen bei Non-Compliance und bei Produktwechsel

In Fällen eines Nichteinhaltens tierärztlicher Anweisungen oder eines Produktwechsels sollte der Hund vor einer erneuten Behandlung auf Antigene getestet werden, um den Herzwurmstatus klarzustellen. 

Nach 6 Monaten und nochmal nach weiteren 6 Monaten sollte getestet werden, danach jährlich.

Repellierende Präparate

Zusätzlich sollten repellierend wirkende Präparate zur Mückenabwehr eingesetzt werden. 

Reisen in eine Herzwurmregion

Die Anwendungen wirken auch im Sinne einer postexpositionellen Prophylaxe bei Infektionen, die bis zu 30 Tage vor der Medikamentengabe erworben wurden. Somit sollte auch die medikamentöse Prophylaxe gegen die Dirofilariose innerhalb von 30 Tagen nach Beginn der Exposition durchgeführt werden und von da an monatlich bis zur Rückkehr in ein nichtendemisches Gebiet. 

Aufgrund möglicher Resistenzen wird eine weitere Applikation 30 Tage nach der Rückkehr empfohlen.

Zusätzlich sollten repellierend wirkende Präparate zur Mückenabwehr eingesetzt werden.

Zoonoseaspekt

Beim Menschen entwickeln sich Dirofilarien zumeist nicht bis zum Adultstadium und es wird nur in Ausnahmefällen eine Mikrofilarämie nachgewiesen. Beide Dirofilarien haben aber prinzipiell ein zoonotisches Potenzial, und eine zunehmende Anzahl an infizierten und teilweise auch symptomatischen Menschen weist auf diesen Umstand in Europa hin. Subkutane, okulare oder pulmonale Granulome wurden beschrieben und fälschlicherweise immer wieder als Neoplasien klassifiziert. Es ist bereits nachgewiesen, dass die bloße Anwesenheit von infizierten und unbehandelten Hunden zu einer höheren Infektionsrate bei Menschen in unmittelbarer Umgebung dieser Hunde führt. Problematisch für Mitteleuropa sind unbehandelte positive Hunde (Import- wie auch Reisetiere), die ein Reservoir für den Parasiten darstellen und den Infektionsdruck auf die heimischen Tiere und den Menschen erhöhen und weiter erhöhen werden.

Epidemiologie in Mitteleuropa und den USA

Die meisten Hunde mit einer diagnostizierten Herzwurmerkrankung in Deutschland wurden aus Italien, Griechenland und Spanien importiert. In den letzten Jahren spielen aber auch Importtiere aus Ungarn, Bulgarien, Rumänien, Polen und Serbien eine zunehmende Rolle.

 

Aktuell scheint sich die epidemiologische Situation in Mitteleuropa zu ändern. Dirofilaria repens wird in zunehmendem Maße in Mücken und Hunden, aber auch in Menschen diagnostiziert und scheint in weiten Gebieten bereits zu autochthonen Fällen zu führen. Das teilweise massenhafte Auftreten autochthoner Fälle von Infektionen mit D. immitis beim Hund in Ungarn, der Slowakei, dem rumänischen Donaudelta sowie positiv getestete Mücken in Deutschland, müssen als Hinweise auf die voranschreitende Endemisierung dieses Parasiten in Mitteleuropa gewertet werden

Dirofilaria immitis gilt als endemisch in fast allen US Staaten und Hawaii. 

Die Ausbreitung fördernde Faktoren

Diese Faktoren fördern die weitere Ausbreitung der Parasiten:

 

  • Umsiedelung mikrofilarämischer Hunde
  • Ausweitung von Territorien wildlebender mikrofilarämischer Kaniden
  • Anthropogen verursachte Veränderungen der Umwelt, z.B. die Entstehung von Hitze-Inseln als Folge der Erweiterung städtischer Räume, z.B. im Norden der USA
  • Veränderungen der natürlichen klimatischen Bedingungen fördert Mikromilieus, in denen die Entwicklung von Dirofilaria immits-Larven auch in kälteren Monaten möglich ist

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Zuletzt bearbeitet

März 2021

 

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