Anorexie

Mein Hund frisst nicht - Die drei wichtigsten Ursachen

Anorexie bedeutet das Einstellen der Futteraufnahme, bzw. völlig fehlender Appetit. Frisst der Hund deutlich weniger als normal oder nur besonders Leckeres, spricht man von Inappetenz.

 

Anorexie / Inappetenz sind sehr unspezifisch, die Gründe dafür reichen von völlig harmlos bis schwerwiegend. Fressen Hunde über längere Zeit nicht, führt dies zu deutlichem Gewichtsverlust bis hin zur Kachexie und kann schwerwiegende Stoffwechselstörungen nach sich ziehen.

 

Finden Sie keine logische Erklärung, warum Ihr Hund sein Futter stehen lässt, hat Ihr Hund andere Krankheitssymptome wie Erbrechen, Durchfall, Fieber, blasse Schleimhäute oder hält die Fressunlust an, sollten Sie ihren Hund umgehend zum Tierarzt bringen.

Die drei wichtigsten Ursachen

Psychische Ursachen

Bei einem sensiblen Hund können Stress, Angst und hormonelle Änderungen mit Auswirkungen auf die Psyche zu Anorexie/Inappetenz führen.

  • Gibt es für Ihren Hund besonderen Stress /Angst:
    Trennungsängstliche Hunde steigern sich oft mit der Zeit immer mehr in ihre Erkrankung hinein. Auch Familienzuwachs oder ständig wechselnde Familienkonstellationen, Abwesenheit / Tod der Hauptbezugsperson können Hunde stressen. 
    Gibt es eine besondere Geräuschbelastung, z.B. durch Bauarbeiten oder Handwerker?
    Versuchen Sie Ihr Tier außerhalb der Bauzeiten zu füttern.
    Haben Sie ein neues Tier aufgenommen, dann kann möglicherweise der neue Hund sehr dominant wirken.
    Trennen Sie die Hund erst einmal beim Fressen und suchen Sie sich einen guten Hundetrainer oder Verhaltenstherapeuten. Dies gilt für alle Stress- und Angstprobleme. Jemand der neutral von außen die Situation beurteilt, kann oft gut helfen.
  • Tiere in der Pubertät sind mit ihren hormonellen Schüben manchmal mehr als ausgelastet. Fressen ist dann nicht so wichtig.
  • Ihre Hündin wird läufig, insbesondere vielleicht das erste Mal läufig? Viele Hündinnen fressen einige Tage vor Durchbruch der Läufigkeit schlecht. Und die Jungs? Gerade junge Rüden sind oft so mit der Suche nach einer möglichen Hundepartnerin beschäftigt, dass Fressen nicht wirklich wichtig ist.
  • Umzug (Neues Zuhause, Urlaub, Tierheim) ist für viele Stress. Geben Sie Ihrem Hund die Zeit anzukommen und sich einzugewöhnen. Geben Sie Ihm sein Lieblingsfutter.
  • Medikamente haben Wirkungen und Nebenwirkungen. Auch Appetitlosigkeit kann dazu gehören. Bekommt Ihr Hund Medikamente, prüfen Sie den Beipackzettel oder fragen Sie Ihren Tierarzt.

Muss mein Hund zum Tierarzt?

Die meisten Hunde mit psychischen Problemen brauchen Zeit und das richtige Management durch den Besitzer. Der Appetit kehrt in der Regel von allein zurück. Aber manchmal scheinen Dinge eindeutig und sind es nicht. Es ist immer besser, den Hund zügig untersuchen zu lassen und Krankheiten als Ursache auszuschließen.

Futter als Ursache

Viele Hunde essen alles, was man Ihnen hinstellt und auch das kann ein Problem sein. Aber es gibt viele Hunde, die nicht jedes neue Futter sofort akzeptieren oder instinktiv spüren, dass ein bestimmtes Futter ihnen nicht gut tut. 

Haben Sie gerade das Futter gewechselt? Gab es dafür keinen besonderen Grund, sollten Sie testweise zum letzten Futter was Ihr Hund gerne mochte zurückwechseln.  

 

Tips für mäkelige Fresser

  • Futter nicht über den Tag frei zugänglich stehen lassen.
  • Futter für eine bestimmte Zeit (maximal 1/2 Stunde) stehen lassen. Frisst ihr Hund nicht oder nur einen Teil, wird der Rest kommentarlos weggestellt.
  • Feste Fütterungszeiten helfen Ihrem Hund, sich auf die Fütterung einzustellen.
  • Sorgen Sie dafür, dass ihr Hund beim Fressen Ruhe hat (vor anderen Hunden, Katzen, krabbelnden/spielenden Kindern ...
  • Richten Sie einen festen Futterplatz ein.
  • Füttern Sie Ihren Hund nicht vom Tisch.
  • Solange Ihr Hund sein Futter nicht gut frisst, sollten Sie mit Leckerli zurückhaltend sein.
  • Machen Sie das Futter etwas schmackhafter:
    Erwärmen Sie das Futter (Mikrowelle, warmes Wasser). So werden Fettstoffe frei gesetzt und das Futter duftet besser.
    Geben Sie ungesalzene Fleischbrühe oder einen Esslöffel Joghurt/Quark dazu.

Muss mein Hund zum Tierarzt?

Eine gründliche Untersuchung kann Ihnen die Ruhe und Sicherheit geben Futterumstellungen anzugehen.

Krankheiten als Ursache

Ihr Hund ist krank

Ihr Hund verweigert sein Futter und auch seine geliebten Leckerli? Einen offensichtlichen Grund gibt es nicht? Viele Erkrankungen beginnen mit Anorexie / Inappetenz ohne weitere Symptome. Wie dringlich der Tierarztbesuch ist, lässt sich ohne Untersuchung nicht sagen, denn sowohl leichte als auch schwerwiegende Erkrankungen können mit diesem unspezifischen Krankheitsleitsymptom einhergehen.

Hier geht es weiter für alle, die gerne mehr wissen wollen

Entzündungen

Entzündungen von Organen können über neuronale Leitungsbahnen oder die Ausschüttung von entzündungsfördernden Zytokinen zu Anorexie / Inappetenz führen.

  • Entzündungen innere Organe: Bronchopneumonie, Cholangiohepatitis, IBD (Inflammatory Bowel Disease), Nephritis, Pankreatitis, Pyothorax u.a.
  • Externe und lokale Entzündungen: Arthritis, Offene Wunden, Osteomyelitis, Pyodermie u.a.

Elektrolytstörungen

Hyperkalzämie führt über die neuromuskuläre Kommunikation am glatten Muskel zu Darmträgheit und infolge davon zu Verstopfung, Kotanschoppung und Anorexie / Inappatenz.

Erkanungen: Endokrinologisch

Die meisten endokrinologischen Erkrankungen (Diabetes mellitus, Hyperkortisolismus, Hyperthyreose, Hypoadrenokortizismus) gehen eher mit vermehrter Fresslust, als Anorexie / Inappetenz einher. Manchmal aber tritt dieses Phzänomen auf. Außer beim Diabetes mellitus/Diabetische Ketoazidose weiß man nicht, warum dies so ist. Besonders schwierig ist es beim atypischen Hypoadrenokortizismus zeigen Hunde meist nur unsichere Symptome wie Anorexie, rezidivierende Schwäche, Lethargie. 

Erkrankungen: Immunologisch

Viele Immunvermittelte Erkrankungen gehen mit Anorexie einher, z.B. Immunvermittelte Anämie, Meningitis, immunvermittelte Polyarthritis, immunvermittelte Thrombozytopenie.

Erkrankungen: MDT (Magen-Darm-Trakt)

Erkrankungen des MDT führen über viele unterschiedliche Mechanismen zu Anorexie / Inappetenz.

  • Magenentleerungsstörungen durch lokale Veränderungen am Magen (Fremdkörper, Neoplasien, oft (Adeno-)Karzinom)
  • Magenentleerungsstörungen als Reaktion auf andere Erkankungen im Abdomen (z.B. Pankreatitis, Peritonitis, Postoperative Störungen)
  • Magenentleerungsstörungen als Reaktion auf systemische Veränderungen (z.B. Elektrolytstörungen, endokrine Erkrankungen (z.B. Diabetes mellitus), metabolische Erkrankungen, Sepsis/SIRS)
  • IBD

Infektionen, systemisch

Systemische Infektionen werden häufig durch Viren oder Bakterien, seltener durch Pilze ausgelöst. Sie gehen fast immer mit Anorexie / Inappetenz einher.

Neoplasien

Bei vielen Neoplasieerkrankungen werden Zytokine ausgeschüttet, die zu Anorexie führen. Außerdem können Neoplasien durch ihre Masse den Kau- und Schluckvorgang behindern (z.B. Lymphome, Ösophagustumore u.a.)

Pseudoanorexie

Bei der Pseudoanorexie möchte der Hund gerne fressen, aber kann es nicht. Dies kommt z.B. beim Ausfall des Riechsinns vor. Auch Schmerzen beim Fressen durch retrobulbäre Abszesse, Kaumuskelmyositis, Kiefergelenkserkrankungen, Zahnfrakturen und ganz allgemein bei Zahnschmerzen.

Reiseübelkeit

Anorexie / Inappetenz aufgrund von Reiseübelkeit hält nur kurzfristig an.

Schmerz

Jede Form von Schmerz führt zu einer mehr oder weniger starken Anregung des Appetitzentrums und damit zu Anorexie / Inappetenz.

Toxine

Toxine, also Giftstoffe, sind ein häufiger Grund für Anorexie / Inappetenz. Sie können entweder direkt auf das Hungerzentrum wirken, auf die CRTZ (Chemorezeptor-Triggerzone)  oder indirekt über mitbeteiligt Organe. Viele Toxine rufen weitere spezifische Symptome hervor. Dies kann bei der Ursachenforschung hilfreich sein.

  • Bakterientoxine: Wirken oft schon in kleinsten Mengen, da bei der Infektion Pyrogene freigesetzt werden, die direkt auf das Hungerzentrum wirken.
  • Endogene Toxine: Damit sind alle Giftstoffe gemeint, die sich aufgrund von Organversagen im Plasma anreichern. Sie kommen in der Regel nur in Kombination mit anderen Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Durchfall oder auch Speicheln vor. Z.B. Harnstoff / Nierenerkrankung, Ammoniak / Hepatopathie, Portosystemischer Shunt 
  • Exogene Toxine: Damit sind alle vom Hund aufgenommenen Giftstoffe gemeint, z.B. Ethylenglykol, Medikamente (Amphetamine, Digitalis), Methaldehyd, Mykotoxine, Schokolade ... Die Liste ist lang. 

ZNS-Erkrankungen

Im ZNS sitzt das Hungerzentrum. Wird es zerstört oder verändert, hat das Folgen für das Fressverhalten.

  • Generalisiert: Erhöhter intrakranieller Druck (Zerebelläres Ödem, Blutungen, Hydrozephalus.
  • Lokale Veränderungen, die den Hypothalamus, die Hypophyse oder den Hirnstamm betreffen.

Diagnostik

Anamnes und gründliche klinische Allgemeinuntersuchung. Eingehende orthopädische-neurologische Untersuchung, eingehende Untersuchung der Maulhöhle, eingehende rektale Untersuchung, ggf. eine Adspektion des Augenhintergrundes.

Weiterführende Untersuchungen umfassen Röntgen, Ultraschall, CT, Larnygo-, Pharyngo- oder Ösophagoskopie mit Schluckstudien oder Kontrastpassagen.

Labor/Blut umfasst als Basis Hämatologie und komplettes Organprofil inklusive der Elektrolyte, ergänzt durch T4 + TSH, Basalkortisol, Kortisol-ACTH-Quotienten, Cobalamin, Vitamin B12, spezifische Pankreaslipase und bei Hunden mit Auslandsaufenthalten die entsprechenden Infektionskrankheiten.

Therapie

  1. Behandlung der Grunderkrankung
  2. Nahrungszufuhr hochkalorischer Futtermittel, ggf. über Ernährungssonden
  3. Appetitanregung Hund: Zum Einsatz kommen Mirtazapin, ein atypisches Antidepressivum aus der Humanmedizin ist zur Zeit das Mittel der Wahl, Cyproproheptadin, ein Serotonin-Antagonist, wirkt nicht so sicher. 

    Mirtazapin 15 mg: 1/4 - 1 Tablette/Hund alle 24 Stunden oder 0,6 mg /kg alle 24 Stunden

    Cyproheptadin: 0,1 - 0,5 mg/kg KGW alle 8-12 Stunden 

Disclaimer / Haftungsausschluss

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Konsultieren Sie bei gesundheitlichen Beschwerden immer den Tierarzt/die Tierärztin Ihres Vertrauens! 

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